Die populäre Diagnose eines »postfaktischen Zeitalters« reagiert auf den Anstieg von Unwahrheiten in der Politik und die Feindseligkeit gegen, ja Verleugnung von wissenschaftlichen Ergebnissen. Sie trifft jedoch auf historische, begriffliche und erkenntnistheoretische Einwände: Unklar ist beispielsweise, wann das »postfaktische Zeitalter« begann und was es gegenüber anderen Formen von Unwahrheiten in der Politik (Lügen, Ideologie, Propaganda etc.) auszeichnet. Zudem verbreitet die Diagnose das idealisierte Bild einer einheitlichen Wissenschaft, dem reale wissenschaftliche Praktiken nie entsprechen können, und fördert so das Misstrauen gegen Wissenschaften. In seinem Vortrag entwickelt Frieder Vogelmann daher eine Alternative, die Wissenschaften gegen ihre Leugnung verteidigen kann, ohne sie zu verherrlichen, und die dennoch geeignet ist, Unwahrheiten in der Politik entgegenzutreten.
Frieder Vogelmann studierte Philosophie, Kognitionswissenschaften und Mathematik. Nach einer Promotion in der Sozialphilosophie und Stationen an der Universität Bremen und Frankfurt ist er seit 2021 Professor für Epistemology & Theory of Science an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der politischen Erkenntnistheorie sowie der Sozialphilosophie; aktuell arbeitet er zur Beziehung zwischen (Un)Wahrheit und Demokratie, zu einem realistischen Bild wissenschaftlicher Praktiken sowie zur Genealogie des Normativitätsbegriffs.
Am Donnerstag den 25.05.2023 um 18:30-20:00 auf dem KIT Campus Süd, Geb. 30.10, NTI-Hörsaal, EG, Engesserstr. 5, 76131 Karlsruhe
Weitere Info's unter: https://www.zak.kit.edu/colloquium_fundamentale