Die Krisen der vergangenen Jahre und deren Auswirkungen stellen eine nie dagewesene Herausforderung für die Innenstädte dar: Leerstand, geringe Frequenzen und wegfallende Handelslagen im Herzen unserer Städte sind auch in der Karlsruher Innenstadt sichtbar.
Krise bedeutet aber auch Chance: dem erzwungenen Wandel stehen wir nicht machtlos gegenüber. Mit einer breiten Palette an Strategien und Maßnahmen hat sich Karlsruhe auf einen guten Weg für seine Innenstadt gemacht. Durch Zusammenarbeit aller Stakeholder und Unterstützung durch Bund und Land wird es gelingen, die Karlsruher Innenstadt zukunftsfähig aufzustellen – auch als Herz der Technologieregion Karlsruhe (TRK).
Strukturwandel durch dynamischen Onlinehandel forciert
Ein Blick zurück: spätestens in den 1970er Jahren lockten reine Einkaufsstraßen und –viertel Kunden in die Innenstädte. Händler und Immobilieneigentümer strebten nach immer größeren Flächen. Mietpreisniveau und Immobilienwerte waren entsprechend hoch, selten gab es längeren Leerstand und kaum Investitionsstau. Ab den 2000er Jahren kam es zum Strukturwandel durch die dynamische Entwicklung des Onlinehandels, die Nachfrage nach Verkaufsflächen ging zurück. Die beiden Lockdowns infolge der Pandemie sorgten für eine noch breitere gesellschaftliche Akzeptanz des Onlinegeschäfts. Seit dem Jahr 2022 kommen durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine globale Lieferengpässe und Inflation hinzu.
Für die Innenstädte ergeben sich daraus vielfältige Herausforderungen. Eine attraktive Innenstadt muss zukünftig einen lokal- und regionalspezifischen, ansprechenden Nutzungsmix aus Handel, Dienstleistung, Kultur, Sport, Gastronomie, Bildung, Wohnen und vielem mehr bieten. Neben klassischen Standortfaktoren wie Sicherheit, Sauberkeit oder städtebaulicher Qualität kommen Zukunftsthemen wie Klimaanpassung, Erreichbarkeit mit allen Verkehrsträgern oder Digitalisierung hinzu. Der Einzelhandel muss sich also grundlegend neu erfinden, um gegenüber dem Onlinehandel konkurrenzfähig zu bleiben. Nur dann kann er die Funktion als Frequenzmagnet behalten.
Stadt unterstützt quartiersspezifische Nutzungen, die sonst keine Chance hätten
Die Stadt Karlsruhe setzt neben den Investitionen im Rahmen der Kombilösung weitere Mittel und auch Personal ein, um das zu erreichen. Im Jahr 2017 wurde ein Strategieprozess für eine zukunftsfähige Innenstadt initiiert. Der im Februar 2020 vom Gemeinderat beschlossene „Aktionsplan City 2020-2026“ enthält 112 Maßnahmen zur Sicherung der Attraktivität der Innenstadt, die immer wieder angepasst werden. Infolge des ersten Lockdowns unterstützte die Stadt Karlsruhe die von der akuten Krise betroffenen Gewerbetreibenden, beispielsweise durch einen Radkurierservice von Citymarketing und City Initiative unter finanzieller Beteiligung der Wirtschaftsförderung.
Im vergangenen Jahr konnte die Stadt Karlsruhe mit dem Projekt „City-Transformation“ 4,1 Millionen Euro Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ einwerben. In diesem Rahmen führt die Stadt intensive Gespräche mit Eigentümern über leerstehende Gewerbeeinheiten, die für quartiersspezifisch gewünschte Nutzungen angemietet werden sollen und die auf dem freien Markt keine Chance haben. Im Frühjahr 2023 startet ein Quartiersmanagement zur Aktivierung und Vernetzung der Innenstadtakteure, flankierend stehen Verfügungsfonds und Marketingmittel bereit. Im Rahmen des „Stadtlabors für Deutschland: Leerstand und Ansiedlung“ beteiligte sich die Stadt Karlsruhe an der Entwicklung eines digitalen Tools für aktives Leerstands- und Ansiedlungsmanagement.
Daneben bieten die beiden vom Land Baden-Württemberg geförderten Sanierungsgebiete „Innenstadt-Ost“ und „Kaiserstraße-West“ Möglichkeit für städtebauliche Aufwertungen. Dabei steht der Stadt beispielsweise ein Vorkaufsrecht für Immobilien zu. Mit „ÖRMI“ (Öffentlicher Raum und Mobilität Innenstadt) wurden Rahmenvorgaben für die künftige Entwicklung in diesen Bereichen definiert. In zwei Reallaboren in der Karlstraße und im Passagehof wurde getestet, was passiert, wenn Kfz-Verkehr zugunsten anderer Verkehrsteilnehmenden herausgenommen wird. Folgeprojekte sind in Planung. Die Stadt hat also mit den diversen Innenstadtakteuren die Verantwortung übernommen, die City zukunftsfähig aufzustellen.